Es ist eigentlich erstaunlich, wie wenig die Öffentlichkeit über die „Fetale Alkohol-Spektrum-Störung“ weiß. Hinreichend bekannt ist schon, dass man nicht rauchen sollte. Aber welche Wirkung der Alkohol auf das Ungeborene hat, ist Vielen gar nicht bekannt. Ungefähr 10.000 Kinder werden in der Schwangerschaft durch Alkoholkonsum dauerhaft geschädigt. Die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich deutlich höher. Viele sind sich dessen gar nicht bewusst. Und die Diagnose erfolgt manchmal erst gar nicht.
Und das ist keine Sache der Bildung oder der Lebensumstände. Denn diese vorgeburtliche und lebenslang irreversible Schädigung betrifft alle Gesellschaftsschichten. Viele Schwangere wissen vielleicht nichts über FAS oder FASD. Man sagt nur rd. 50% der Bevölkerung kennen die Auswirkungen des Alkohols. Ein Erwachsener ist erst einmal erleichtert über die FASD Diagnose. Man ist weder zu faul noch zu dumm. Sondern schon „besoffen im Mutterleib“ waren. So drückte es eine Betroffene aus.
FAS oder FASD – was ist der Unterschied
Mit dem Ausdruck „Fetale Alkohol-Spektrum-Störungen“ werden alle alkoholbedingten Einflüsse auf die Entwicklung des Embryos und Föten zusammengefasst.
FASD umfasst dabei das Vollbild des fetalen Alkoholsyndroms (FAS). Aber es gibt auch davon abgeleitete Auffangdiagnosen, wie etwa das partielle FAS (pFAS).
Ein Glas kann schon im Körper des Ungeborenen zu massiven Beeinträchtigungen führen. Manchmal wird es erst im Kindergarten- oder sogar eher noch Schulalter auffällig.
Die Leber eines Fötus kann noch keine Giftstoffe filtern
Bereits im 1. Trimester und 2. Trimester einer Schwangerschaft kann der Genuss von selbst kleinen Mengen Alkohol zu schweren Schädigungen führen. Der Fötus erhält ungefiltert reinen Alkohol über den Körper der Mutter und kann diesen nicht abbauen. Dazu sollte Jedem, der Alkohol zu sich nimmt, bewusst sein, dass Alkohol ein Nervengift ist und das Gehirn massiv schädigen kann. Im Grunde genommen werden die Ungeborenen durch den Alkohol vergiftet. Wenn man sich vor Augen hält, dass der Körper gerade in den ersten Schwangerschaftsmonaten mehr aus Kopf als Gliedmaßen besteht.
Wie wird eine FASD diagnostiziert?
Bei Verdacht auf eine Fetale Alkoholspektrumstörung (FASD) überweist der Kinder- und Jugendarzt das betroffene Kind an eine auf deren Diagnose und Therapie spezialisierte Einrichtung. Hier wird das Kind gründlich untersucht. Außerdem werden die Daten aus der Geburtsklinik ausgewertet. Der Verdacht erhärtet sich, bei
- mindestens einer Wachstumsauffälligkeit.
das Gewicht, die Körperlänge und/oder der BMI sind zum Zeitpunkt der Untersuchung bzw. der Geburt niedriger als bei 90% anderer Kinder gleichen Geschlechts, die zu einem vergleichbaren Zeitpunkt zur Welt kamen. - auffälligen Gesichtsmerkmalen:
o eine kurze Lidspalte,
o eine verstrichene vertikale Rinne zwischen Nase und Oberlippe,
o eine schmale Oberlippe.
Diese Merkmale sind vor allem in der Kindheit gut erkennbar, bei Jugendlichen sind sie weniger stark ausgeprägt. Um die Befunde exakt auszuwerten, werden die Lidspalte und die Oberlippe sowie die Rinne zwischen Nase und Oberlippe vermessen und anschließend mit den Daten von Gleichaltrigen gleichen Geschlechts verglichen. - mindestens drei Auffälligkeiten des zentralen Nervensystems
Mögliche Befunde sind:
o ein kleines Gehirn.
Hinweisgebend auf ein kleines Gehirn kann ein sehr kleiner Kopfumfang sein. Bei Verdacht auf eine „Fetale Alkoholspektrumstörung“ kann bei Bedarf eine Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt werden, um die exakte Größe des Gehirns zu ermitteln.
o Entwicklungsverzögerungen bei Kindern bis zu einem Alter von zwei Jahren.
Zum Nachweis von Entwicklungsverzögerungen wird der Entwicklungsstand des Kindes mit demjenigen Gleichaltriger durch standardisierte Tests im Rahmen von körperlichen Untersuchungen ermittelt.
o Intelligenzminderung.
Der Nachweis einer Intelligenzminderung erfolgt durch standardisierte Tests.
o Störungen beim Sprechen, Rechnen oder Lernen.
Störungen der Entwicklung dieser Fähigkeiten können mit altersentsprechenden Wortschatz- und Sprachentwicklungstests sowie Rechen-, Lese- und Merkfähigkeitstests festgestellt werden.
o Beeinträchtigungen der Feinmotorik.
Die Feinmotorik kann durch spezielle Testverfahren überprüft werden.
o Verhaltens-, Aufmerksamkeits- bzw. Wahrnehmungsstörungen.
Um das soziale Verhalten des Kindes zu überprüfen, werden bei Bedarf sowohl die Eltern und das Kind als auch weitere Betreuungspersonen befragt. Ebenso können die Aufmerksamkeitsspanne, die Fähigkeit flexibel auf sich ändernde Arbeitsanweisungen oder andere Belastungstests durchgeführt werden.
Bei einer begleitenden Epilepsie wird eine spezifische Diagnostik veranlasst.
Werden in allen drei Bereichen auffällige Befunde erhoben und keine anderen Ursachen dafür gefunden, kann die Diagnose „Fetales Alkoholsyndrom (FAS)“ lauten, wenn von einem Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft auszugehen ist.
Das bedeutet, dass neben Wachstumsauffälligkeiten und den typischen Gesichtsmerkmalen auch Befunde des zentralen Nervensystems im Zusammenhang mit Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft gefunden werden müssen.
Dabei ist es unerheblich, ob die Mutter den Alkoholkonsum bestätigt oder nicht, da Frauen häufig aus Angst vor den Folgen oder Scham falsche Angaben machen.
Von einem „partiellen Fetalen Alkoholsyndrom (pFAS)“ spricht man, wenn Auffälligkeiten des zentralen Nervensystems zusammen mit den typischen Merkmalen im Gesicht in Verbindung mit einem bestätigten oder wahrscheinlichen Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft festgestellt werden.
Werden vor dem Hintergrund eines bestätigten Alkoholkonsums der Mutter während der Schwangerschaft ausschließlich Befunde im Bereich des zentralen Nervensystems erhoben, spricht man dagegen von einer „alkoholbedingten entwicklungsneurologischen Störung (ARND)“.
Psychologische Tests können die Diagnose absichern.
Schätzungen zufolge erhalten 90 bis 95% der erkrankten Kinder bisher keine oder eine falsche Diagnose, meist ADHS.
Das liegt auch daran, dass die meisten Mütter ihren Alkoholkonsum während der Schwangerschaft nicht angeben oder gar nicht danach gefragt werden.
(auszugsweise übernommen am 28.02.22 von Fetale Alkoholspektrumstörungen (FASD) » Diagnose » Kinderaerzte-im-Netz letzter Stand lt. Website 2017)
Wie lebt es sich mit dieser Erkrankung?
Es ist ein unglaublich schwerer Lebensweg, der vor diesen Kindern liegt. Meist wird dies noch nicht nicht einmal im Kindesalter erkannt. Frühförderung und Hilfestellungen können gar nicht erst erfolgen.
Es gibt in Deutschland ungefähr 850.000 Menschen mit dieser hirnorganischen Einschränkung.
Betroffene haben oft das Gefühl, dass sie dumm sind, weil sie sich nichts merken können, langsamer oder schneller abgelenkt sind. Es mangelt oft an einem strukturierten Alltag und einer gewissen Kompetenz sein Leben zu leben. Sie haben das Gefühl nicht den Ansprüchen des sozialen Umfelds gerecht werden zu können. Eine niedrige Frustrationsgrenze, mangelndes Selbstvertrauen und -reflexion.
Ihre Lernfähigkeit ist oft stark eingeschränkt und vor allem mangelt es meist an der Konzentration. Ihr soziales Umfeld macht es ihnen nicht einfacher, weil oft das Verständnis fehlt oder ihre besondere Problematik nicht bekannt ist.
Sie haben nie gelernt ihre persönlichen Stärken zu erkennen und weiterzuentwickeln. Ein eigenständiges Leben fällt ihnen schwer.
Das resultiert letztlich in eine Abwärtsspirale aus Suchtverhalten und Obdachlosigkeit.
Einfach zu vermeidendes Leid: Finger weg vom Alkohol für Schwangere!
Es geht nicht darum mit dem Finger auf Jemanden zu zeigen. Und es geht hier gerade nur um einen Bereich, den Alkohol. Generell sollten sich alle Schwangeren bewusst sein, dass man tunlichst Nervengifte in der Schwangerschaft meiden sollte. Dazu gehört übrigens auch der Nikotin. Der Atemzug eines schwangeren Passivrauchers nimmt dem Kind schon 8! notwendige Atemzüge.
Quellenangabe:
FASD Deutschland e.V. – Informationsportal für Betroffene und Angehörige (fasd-deutschland.de) Abruf am 28.02.22
Eine Antwort zu „Ein Gläschen in Ehren…aber bitte nicht für Schwangere!“
[…] Ein Gläschen in Ehren…aber bitte nicht für Schwangere! […]
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